Methellona

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Gavín hatte sich am  Abend erklären lassen, was eine Noodle Snoodle war, hatte sie sogar begutachten dürfen bei einer anderen Bestellung und entschied, dass eine Noodle Snoodle eher etwas für ein gutes Mittagessen war und nicht für ein Abendbrot, was er nun zu sich nahm. Das rote Ale gluckerte in seinem Magen, gesellte sich zu dem Abendbrot aus kalten Kartoffeln mit Salz, Butter und zwei geschälten Karotten, die Reste aus der Küche. 

Dorthin brachte er nun auch seinen Teller und ließ sich gegen Vorlage eines Kupferdeuts seinen Krug mit rotem Ale nachfüllen. Shavenna sprach nur mit ihm, soweit es notwendig war und Nuriel wuselte emsig im und um das Haus herum, füllte Vorräte auf, führte Listen, reparierte Bodendielen und sah sogar am Abend noch genauso frisch aus wie der erste Morgentau.

Erst dann begann er seinen Rundgang. Er war neugierig, was sonst noch in dem Gebäudekomplex steckte und war erstaunt darüber, dass es vier Gebäude waren, eines davon eine Art Wohnhaus mit zwei Stockwerken, aus deren Fenstern Licht schimmerte und weibliches Gelächter zu hören, aber niemand zu sehen war. Dieses Haus schloss sich direkt an das Haus der Vampire an der linken Seite im rechten Winkel an.

Direkt vor Kopf im nächsten rechten Winkel nach rechts schloss sich die Schmiede an, wie Nuriel gesagt hatte. Sie war geschlossen, hinter dem Tor brannte kein Licht, die Esse war erloschen und der Inhaber nicht vorhanden. Gavín versuchte durch eines der Fenster zu spähen, war aber nicht groß genug, um alles zu sehen. Er sah Werkzeuge, zwei verschieden große Ambosse und die große Esse.

"Dann eben morgen.", war sein Fazit und er spähte in das letzte Gebäude. Was er durch das Fenster sah, waren mehrere große Kupferkessel mit einer Menge an Verbindungsröhren, gläsernen Röhrchen und etwas, das wie ein kleiner Ofen aus Kupfer ausschaute. Das erzeugte mehr Fragen als es beantwortete, aber bevor Gavín auf irgendwelche - wahrscheinlich dummen - Ideen kommen konnte, hörte er einen leisen, melodischen Pfiff über sich und schaute hoch.

Ihn schaute ein strahlendes Gesicht aus dem zweiten Stockwerk an, welches nur kaum zwei Meter über ihm war. Das Gesicht war jung, umrahmt von dunkelblonden Locken auf einem schlanken Hals und einem fast unbedeckten Oberkörper in einem weißen Leinenkleid.

"Ich würde da nicht so hineinstarren.", lachte das Gesicht ihn an. "Du könntest blind werden!"

"Warum sollte ich blind werden?", fragte Gavín zurück. "Explodiert es, wenn man zu nahe herangeht?"

Das Gesicht kicherte wieder. "Nein, Dummerchen. Warte, triff mich an der Tür." Damit verschwand es und ließ Gavín zurück, der sich umschaute und fragte, ob er gerade einem Streich aufgesessen war.

Nachdenklich blickte er seinen Krug an, zuckte mit einer Schulter, trank einen großen Schluck und machte sich auf den Weg zurück zur eigentlichen Taverne und wäre beinahe in eine Frau hineingestolpert, die sich gerade so fangen konnte. Ihr Gesicht ähnelte dem Gesicht aus dem Fenster, und ihr "Hoppla!" klang sehr nach der Stimme von gerade eben, also ging Gavín davon aus, dass es ein und dieselbe Person war.

Sie roch nach süßer Seife und aus ihren Haaren kam der Duft nach Honig und etwas anderem. Sie war fast so groß wie er und trug ihr weißes Leinenkleid offen, was der Fantasie nahezu keinen Raum ließ.

"Nicht so eilig." Gavín hatte schon den Arm ausgestreckt, um sie zu fangen, aber die Frau hatte es selbst geschafft. "Hallo."

"Selber hallo.", lachte sie ihn an, wischte sich ein paar der lockigen Strähnen aus dem Gesicht. "Du bist also der Druide?"

"Druidenschüler.", korrigierte er lächelnd. "Man redet schon über mich?"

"Über jeden Gast wird geredet." Sie hakte sich bei ihm ein und drehte ihn mit erstaunlich viel Kraft wieder zurück zum Innenhof, der bis auf eine Pferdetränke mit etwas Heu und ohne Pferde und einen Brunnen erstaunlich leer ausschaute. "Und gerade, wenn unsere beiden Schirmherrinnen einen Druiden kostenfrei aufnehmen, geht das herum wie eine Flasche teuren Weins."

"Ich bin also ein teurer Wein?"

"So in der Art." Sie drückte seinen Arm. "Ich bin Diana und du warst Gavín?"

"Nicht nur war, ich bin es noch."

"Habe ich das richtig ausgesprochen?"

"Sogar sehr."

"Gut." Sie lehnte sich mit dem Hinterteil an den Brunnen und musterte ihn aus strahlend blauen Augen. "Was macht ein Druide, Schüler oder nicht, in einer Stadt wie dieser?"

"Ich bin auf der Suche nach Arbeit und deine Herrin Shavenna meinte, sie würde sich Gedanken machen. Irgendwas mit einem Grauen Boten?"

"Oooh", machte Diana, griff nach seinem Krug und trank etwas von dem roten Ale, bevor sie ihn zurückgab, "eine spannende Aufgabe. Aber noch bist du es nicht."

"Nein, wohl nicht." Er räusperte sich und versuchte nicht nach unten zu schauen. "Also, warum sollte ich blind werden?"

"Bitte? Oh!" Sie deutete mit dem Daumen hinter sich. "Das war mehr ein Scherz. Das ist die... die Schnapsbrennerei?"

"Ah, Destillerie.", lächelte Gavín. "Ihr macht da Schnaps. Ich habe noch nie eine aus der Nähe gesehen. Schmeckt er gut?"

"Kommt drauf an. Meistens brennt er. Ich trinke nicht so viel davon, Wein reicht mir völlig."

"Verstehe... und warum warst du so schnell da, um mit mir zu reden?"

"Ich bin neugierig.", grinste sie schief.

"Und verbreitest die Neuigkeiten unter den anderen?"

"Wo denkst du hin? Sie werden mich gleich ausfragen und ich werde wahrheitsgemäß antworten." Dabei lehnte sie sich etwas vor. "Macht dir das zu schaffen?"

"Nein. Noch nicht." Er versuchte nur auf ihre Augen zu schauen. Nicht, dass er ein Problem mit Nacktheit hatte, er war nur so erzogen worden, dass man Frauen nicht einfach so in den Ausschnitt schaute. "Und was machst du genau hier?"

"Oh, ich bin eines der Mädchen." Dabei wackelte sie mit dem Oberkörper. "Sieht man das nicht?"

"Der... Mädchen?"

"Der Mädchen.", nickte sie. "Und wenn du weiter so angestrengt versuchst, nicht hinzuschauen, platzt dir gleich noch eine Ader."

"Ich bin erzogen worden, nicht hinzuschauen, wenn die Dame es nicht will."

Diana lachte laut, legte dabei den Kopf etwas in den Nacken. "Oh, du bist süß. Bitte, keines der Mädchen wird dich doof anschauen oder dir eine Ohrfeige geben, nur, weil du hinschaust. Vielleicht Nuriel oder Shavenna, aber die beiden Spitzohren sind viel zu eitel, um auch nur rot anzulaufen, wenn jemand ihre Auslagen begutachtet."

"Spitzohren ist doch eine Beleidigung." Gavín runzelte die Stirn und ging nicht näher darauf ein, dass Diana ihm erlaubt hatte, ihr auf die Brüste zu schauen.

"Eigentlich schon. Aber die Mädchen und ich - also alle Mädchen - verdanken den beiden Elben unsere Leben. Unsere Zukunft. Manchmal nennen wir sie auch direkt so und bekommen dann eine Beleidigung zurück und alles ist gut."

Gavín wollte sich nicht ausmalen, was passieren würde, wenn er Shavenna oder Vellara Spitzohr nennen würde. Vermutlich würde ihn kein Elb dann auch nur mit der Kehrseite anschauen.

"Nun gut." Er schaute in seinen halb geleerten Krug. "Und ihr braucht druidische Hilfe oder Rat?"

"Nein, ich war, wie gesagt, nur neugierig. Ich frage mich, warum du keine Gesellschaft wolltest."

"Ich hatte, ehrlich gesagt, nicht daran gedacht, als ich hier ankam."

"Und nun?"

"Jetzt gerade?"

"Ja."

"Sagen wir, es ist mit dir vor Augen sehr schwer, nicht daran zu denken." Dieses Mal ließ er seine Augen nur abgleiten und das, was er sah, gefiel ihm auf den ersten Blick und er verfluchte seine Hormone. Sein ganzes Leben hatte er außerhalb verbracht und jetzt auch das noch!

"Kein Grund, nervös zu sein, ich beiße nicht. Feste.", lächelte Diana, stieß sich von dem Brunnen ab, als jemand ihren Namen rief.

"Lass den Jungen wenigstens ankommen!" Ein anderes Gesicht mit schwarz glänzenden Haaren aus dem Zimmer neben dem von Diana.

Diana winkte nur, das Gesicht verschwand und sie seufzte. "Nicht einmal nach Feierabend kann ein Mädchen Spaß haben." Sie seufzte theatralisch, berührte Gavín leicht am Arm. "Nun denn, gute Nacht, junger Druide. Wir werden uns sicherlich morgen wiedersehen."

"Werden wir das?"

"So oder so, ja. Ich werde nicht weggehen." Damit schwebte sie davon, hinterließ einen sanften Duft und die Erinnerung an eine warme Berührung.

Was war hier gerade passiert?

Gavín fuhr sich durch die Haare und den gewachsenen Flaum, den er sich noch nicht traute Bart zu nennen, und nahm den Weg zurück in die Herberge und den Krug mit nach oben.

Bis auf sein Untergewand entledigte er sich seiner Kleidung und streckte sich im Bett aus, welches nach Lavender duftete. In den letzten Jahren hatte er viele Menschen, Elben und teilweise Zwerge kennengelernt, hatte sie behandelt, sie sowohl in allen möglichen verwundbaren Stadien gesehen und dabei auch sehr nackt, sogar von innen. Aber nie war ihm in den Sinn gekommen, mehr als eine Wundbehandlung durchzuführen.

Dieses Mal war es etwas anderes. Diana schien Interesse an ihm zu haben und selbst, wenn sie dafür ein paar seiner Deut bekam, war allein der Gedanke daran so aufregend, dass es lange dauerte, bis Gavín endlich einschlief.

~~

 

 

Gavín war früh wach. Er stand am offenen Fenster, ließ sich die kalte Luft um Gesicht und Oberkörper schmeicheln und wusch sich rasch, bevor er dem Sonnenaufgang zuschaute, der die Dächer und den Turm der Stadt in kaltes, bleiches Gelb und Orange tauchte. Der Frühling wich zwar dem Sommer, aber dieser hatte noch nicht die Kraft, die es brauchte, um das Land völlig aus seinem Schlaf zu reißen, trotz dessen, dass die Bäume nahe der Stadtmauer schon ihr erstes grünes Kleid trugen und die Felder aufgelockert wurden für die Saat.

Da er keine Kleidung zum Wechseln hatte, trug er einfach sein Hemd und die Hose wie immer und warf sich seine einfache druidische Robe um. Je nachdem, was Shavenna heute sagen würde, bräuchte er was zum wechseln und Nähgarn und eine Nadel. Eigentlich noch mehr, aber das würde sich später zeigen. 

Als er sich einen Ort suchte, um seinen schmalen Geldbeutel für spätere Ersparnisse zu verstecken, klopfte es an der Tür. Gavín runzelte die Stirn und sprang vom Boden auf, wo er nach einer lockeren Bodendiele gesucht hatte, klopfte sich die Robe ab und öffnete die hölzerne Tür. Im Gang stand Diana, ein hellblaues offenes Kleid am Leib, die blonden Locken mit einem Band nach hinten gebändigt, was ihren Hals zur Geltung brachte.

Sie hatte zwei weiche Handtücher auf den Armen, darauf lag ein Stück Kernseife und sie strahlte ihn an.

"Guten Morgen!", flötete sie ihn an, streckte ihre Arme aus. "Ich dachte, ich bringe dir Handtücher und etwas Seife."

"Soll das ein Hinweis darauf sein, dass ich stinke?", fragte er schelmisch, Diana kicherte, drückte ihn mitsamt Handtüchern und Seife zurück ins Zimmer, legte ihm die Handtücher auf die Kommode und drehte sich breit grinsend um.

"Nein, aber ich wusste, dass wir dieses Zimmer erst gestern gesäubert hatten, kurz, bevor du gekommen bist und hatten noch nicht die Gelegenheit, frische Tücher und Seife zu bringen."

"Ihr macht auch Hausdienste?", wunderte er sich und setzte sich auf die Truhe, was seinen Kopf etwa auf ihre Bauchhöhe brachte.

"Aber sicher." Sie verschränkte die Arme vor der Brust, überschlug ein Bein, was erstaunlich elegant aussah. Dabei sah er ihre schlichten Lederschuhe, die von der Verarbeitung sehr hochwertig ausschauten. Ihr Lächeln verschwand nicht bei ihrer Antwort. "Wir liegen nicht nur auf dem Rücken oder bespaßen Leute. Wir müssen auch helfen und wir machen es gerne. Sonst würde dieses Haus nicht funktionieren. Und sogar zwei Elben können es nicht allein schaffen. Handwerker werden selbstverständlich bezahlt, aber sonst machen wir alles selbst."

"Ich verstehe. Denke ich." Er hob beide Hände. "Ich wollte dich und die anderen Mädchen damit nicht beleidigen oder herabwürdigen, mir war nur nicht bewusst, dass ihr das auch macht."

"Das hast du nicht. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, wie es in anderen Häusern unserer Zunft aussieht, aber wir helfen alle fleißig mit. Wir haben eine Rotation, sodass nicht alle Mädchen gleichzeitig Dienst haben, sondern auch an der Theke oder Besorgungen machen, du verstehst."

"Und du machst heute Hausdienst und warst immer noch so neugierig, dass du mich besuchen kommst? Haben sie dich nicht genug ausgefragt?"

"Doch, aber ich habe noch nicht genug herausgefunden." Sie legte den Kopf schief. "Dein Haar sieht so weich aus. Darf... darf ich mal anfassen?"

"Meine Haare?" Beide Augenbrauen erhoben streckte er seinen Rücken durch. "Aber nicht dran ziehen, so viele Haare habe ich nämlich nicht. Glaube ich. Noch nicht in den Spiegel geschaut in den letzten Tagen."

"Abgesehen von ein wenig Dreck hier und da siehst du sauber aus." Sie trat an ihn heran, schnupperte an seinem Kopf. "Und riechst auch nicht schlecht."

Ihr Atem kitzelte seinen Nacken und jagte ihm einen Schauer über den ganzen Körper. Sie roch heute nicht nach Honig, sondern nur nach Kernseife und irgendetwas, was sehr einer Blumenwiese ähnelte. Er atmete tief ein, als ihre erstaunlich kühlen Finger durch seine Haare strichen, seine Kopfhaut kraulten und ihn langsam an ihren Bauch drückte. 

"So weich...", murmelte sie über ihm. "Weicher, als sie aussehen."

"Ich hoffe, das ist ein Kompliment.", nuschelte er gegen den Stoff ihres Kleides, versuchte nicht hochzuschauen und spürte ihren Busen seinen Kopf streifen.

"Ist es." Sie strich durch seinen Nacken. "Männer mit weichen Haaren sind toll. Meine Schwester mag es auch sehr." Sie kicherte. "Ich beiße dich nicht, entspann dich etwas."

"Nicht feste, meinst du wohl."

"Ja." Ihre kühlen Finger wanderten durch seine Haare, in seinen Nacken an sein Kinn und hoben seinen Kopf, sodass er an ihrem Busen vorbei ihr lächelndes Gesicht sehen konnte. "Nervös?"

"Etwas."

"Brauchst du nicht."

"Ich weiß, denn du beißt nicht. Feste."

"Hm." Sie zuckte mit der Schulter. "Mache ich dich nervös?"

"Etwas."

"Aha? Und der Grund ist... dass ich eine Frau bin?"

"Eine Frau, hübsch, sehr aufreizend...", begann Gavín und sie lachte, fasste ihn an der Schulter und zog ihn auffordernd hoch.

"Fast nackt...?"

"Auch..."

"Nun, ich wollte dich nicht damit überfallen und dir wirklich nur die Tücher bringen." Sie schlang die Arme um seinen Hals, war auch nur ein weniges kleiner als Gavín selbst. Ihr warmer Atem strich über sein Gesicht und er fühlte sich seltsam zu ihr hingezogen.

Nur was bei den Drachen machte man mit seinen Händen?

"Und was möchtest du jetzt?"

"Viele Dinge", summte sie leise, ihre Augen wanderten über sein Gesicht, "aber die Herrinnen würden mir den Hintern versohlen, wenn ich nicht schnell wieder an meine Aufgaben gehe."

"Würden sie das wirklich?"

"Nein, aber meinen Lohn kürzen." Sie spielte mit den Haaren in seinem Nacken, grinste Gavín an und ließ ihn los. "Nun komm, das Frühstück wird bereitet und ich denke, du hast Hunger, Durst und bist nervös, was Herrin Shavenna dir zu sagen hat."

"Schon, aber will sie so angesprochen werden?"

"Nein, nur ich nenne sie so." Diana strich ihr Kleid glatt und schwebte fast zur Tür. "Aus keinem bestimmten Grunde, sie sind beide sehr gute Arbeitgeber." Damit öffnete sie die Tür und verschwand, ließ Gavín bewegungslos zurück, der immer noch ihre Berührung und Wärme fühlte, die kühlen Finger auf seiner Haut und ihren Geruch in der Nase.

Er war so überfordert mit der ganzen Situation gewesen, dass er keine Erregung bei ihr verspürte. War das normal? Seltsam.

Gavín schüttelte den Kopf, fuhr sich durch die Haare, prüfte den Sitz seiner Habseligkeiten und entschied, den Beutel mit seinem Ersparten vorerst mitzunehmen, bis er ein Versteck gefunden hatte. Dann nahm er die Treppe nach unten und fand den Schankraum mit mehr Menschen und Elben besetzt als angenommen. Das Stimmengewirr vermischte sich mit dem Geklimper von Besteck und Gelächter, manchmal weiblich, manchmal männlich und manchmal nicht zu unterscheiden.

Junge Frauen, ältere Frauen und einige Burschen etwas älter als Gavín eilten zwischen den runden und eckigen Tischen hin und her, nahmen Bestellungen auf und brachten Teller, Krüge oder tauschten Münzen bei der Bezahlung. Gavín beobachtete das Treiben ein wenig von der Treppe aus, sogar Nuriel und Shavenna waren so beschäftigt mit der Theke, dass sie emsig zu fliegen schienen. Dennoch erblickte die ältere Mondelbin ihn und deutete auf einen Barhocker neben einem Zwerg.

Gavín nahm den Platz ein, nickte dem Zwerg zu - der einen immensen Bart mit vielen Silberperlen darin vorzuweisen hatte - und bekam einen Holzteller, der vollgepackt war mit Trauben, Brot, fetter Wurst und Käse. Dazu einen Krug mit rotem Tee, der entfernt nach Hagebutte schmeckte.

Gavín beobachtete die beiden Mondelbinnen, die von links nach rechts und von vorne nach hinten an der Theke hantierten, in den hinteren Räumen verschwanden und alles irgendwie am Laufen hielten. Mädchen und Frauen kamen nach vorne, holten Bestellungen ab, brachten benutztes Geschirr, wechselten Münzen und das alles lief wie in einer sehr gut geölten Maschine.

Dabei fiel ihm zum ersten Mal auf, wie hübsch die beiden Mondelben waren und dass der Zwerg ihn anstarrte. Er versuchte es für ein paar Minuten zu ignorieren, aber nachdem er etwas im Magen hatte, machte es ihn doch nervös und nicht auf die gute Diana-Nervös-Art, sondern eher wie eine Maus vor den Klauen einer Katze. Also drehte er sich halb zu dem Zwerg.

"Ja?", fragte er. "Was kann ich für Euch tun?"

Der Zwerg schmatzte, zog eine Pfeife aus seinem ausgewaschenen roten Umhang, welcher sich über ein ebenfalls rotes Hemd legte, welches seinerseits einen behaarten und muskelbepackten Brustkorb einspannte. Er stopfte und entzündete die Pfeife. Der Rauch roch nach Kirsche und Holz, war sogar recht angenehm, auch wenn Gavín husten musste. Er selbst rauchte nicht.

Der Zwerg sagte auch weiterhin nichts und Gavín wusste nicht, ob es ein Test war oder nicht. Er bemerkte, dass der Zwerg auf etwas wartete und es waren nicht die beiden Elbinnen. Diese beiden hatten ihn weitestgehend ignoriert bis auf seine Bestellungen und Diana hatte ihm, Gavín, bei einem Rundgang zugezwinkert, aber den Zwerg auch ignoriert.

Gavín wusste zwar nicht, was genau das jetzt wurde, aber er versuchte seine Nervosität zu verbergen, indem er sein Frühstück verspeiste, dem Zwerg immer noch halb zugewandt und ihn seinerseits musterte. Der Bart war gepflegt, die Silberperlen ordentlich eingeflochten, die braunen Augen wach und intelligent. Seine breiten Hände waren rau von Arbeit und sahen aus, als könnten sie einen Ochsen einfach so umhauen. Oder ihm das Rückgrat ohne Anstrengung brechen. Die langen, welligen Haare waren zu einem dicken Zopf geflochten worden und er trug außer dem roten Hemd nur eine braune Wollhose und ein paar grobe Lederschuhe.

"Gut.", brummte der braunhaarige Zwerg, nachdem seine Pfeife aufgeraucht und er bereits seinen dritten Krug Bier einfach so weginhaliert hatte. "Das war jetzt lange genug."

Gavín hob fragend seine Augenbrauen, sagte aber nichts. Wer wusste, wie lange dieser Test noch ging.

"Jetzt spricht er trotzdem nicht.", grummelte der Zwerg, schnäuzte sich die Nase in ein Taschentuch. "Kannst reden, Junge. Dragnar der Name. Dragnar Dunkelfaust. Ich bin der Schmied hier."

"Ich gehe davon aus, dass die Schmiede vor Kopf dann Euch gehört?"

"Ja. Und hör mit diesem blöden Adelsgehabe auf. Ich bin ein Mann der Tat und du ein Druide, da brauchen wir diesen Unfug nicht." Er donnerte mit der Faust auf die Theke, was Nuriel dazu veranlasste, dem Zwerg ein kräftiges "Oi!" entgegenzuschleudern.

"Verzeih, Nuri.", grummelte Dragnar, wischte über die Theke und wandte sich Gavín zu. 

"Druidenschüler.", verbesserte Gavín rasch, bevor der Zwerg weitersprechen konnte. "Ich stehe kurz vor der Weihe und suche Arbeit."

"Habe ich gehört." Er wedelte mit seiner Pfeife. "Rauchst du?"

"Nein, aber es stört mich nicht."

"Danach habe ich nicht gefragt.", kam die ebenfalls grummelige Antwort. "Du suchst also Arbeit. Das ist gut. Was kannst du?"

"Reden, zuhören, schreiben, lesen, rechnen, vier Sprachen, nichts sagen, ein wenig Alchemie, ein wenig Chemie, verschiedene Leute heilen, Tränke mischen, Wunden nähen, Knochen richten...", zählte Gavín auf und wurde mit einer Handbewegung unterbrochen.

"Ûrghaz dur'nûl?"

"Nûl derargh nâgh."

"Hmpf. Du machst es mir nicht einfach, Bürschchen." Er seufzte, was sich wie ein Bergsturz anhörte und winkte Shavenna. "Liebes, was soll ich damit?"

"Ihn vorstellen.", kam die stirnrunzelnde Antwort. "Was sonst? Passt er denn?"

"Ich fürchte schon." Dragnar schaute Gavín an. "Kannst du kämpfen?"

"Nicht so richtig."

"Na, immerhin etwas. Ich dachte schon, du zerpflückst uns alle in der Luft, wenn dir etwas nicht passt." Dragnar zog eine weitere Pfeife aus seinem Mantel, stopfte sie und packte sie wieder weg. "Nun denn, Shav, lass uns gehen, wenn ihr soweit seid. Wir werden erwartet, Miral weiß, dass wir heute kommen."

"Und er hat dir den ganzen Tag Zeit gelassen?", wunderte sich die ältere Frau.

"Nicht, dass er eine Wahl hätte."

"Nun gut, ich kassiere eben noch die letzten Bestellungen und komme dann gleich zu euch. Trefft mich an der Schmiede."

"Na gut." Dragnar rutschte vom Hocker, zupfte seinen Mantel zurück, der daran hängenblieb und winkte Gavín zu. "Komm, Druidenjunge, wir warten auf die Dame bei mir."

"Wirst du mir auch zeigen, wie man schmiedet?" Gavín leerte den Tee und eilte Dragnar hinterher, der nur polternd lachte.

"Ich kann dir zeigen, wie du den Hammer schwingst, aber wenn ich dir die Schmiedekunst beibringen soll, musst du bei mir in die Lehre gehen und ich nehme keine Lehrlinge auf."

"Schade. Ich habe bei einem Schmied für ein paar Monate gearbeitet. Ein Handwerk wäre sicher nicht verkehrt zu können. Wobei mehr als Nägel und Rüstungsplatten hämmern haben wir auch nicht gemacht, ehrlich gesagt."

"Verkehrt nicht, aber ich nehme keine Lehrlinge auf." Dragnar öffnete das große Schiebetor mit einer Hand, welches laut ratternd zur Seite schwang und die Schmiede mit der Werkstatt offenbarte. Auf der linken Seite beherrschte die große Esse mit mechanischem Abzug und einem Blasebalg die Werkstatt.

Die Mitte war beherrscht von mehreren Tischen und einer langen Werkbank mit über drei Dutzend Werkzeugen, angefangen von Hämmern in verschiedenen Größen bis hin zu kleinen oder riesigen Zangen. Auf einem der Tische lagen noch Werkstücke, die Gavín schienen, als würden sie zusammengehören und Dragnar war noch nicht fertig geworden.

Die rechte Seite war wie ein Schlafgemach eingerichtet worden, mit sehr hübschen Schränken aus dunklem Holz und mit Gold verziert, einem gemütlich ausschauendem Bett, schweren Vorhängen und etwas, das ausschaute wie ein aus Kohle geformter schwarzer Himmel mit Sternen darin, hing an Seilen befestigt über dem Bett. Ein niedriger Nachtschrank mit einer Kerzenlampe darauf rundete den persönlichen Bereich des Zwergs ab. Am Bettende lehnte etwas, das aussah wie der Griff einer Waffe, aber Gavín konnte sich da nicht sicher sein. Hätte auch ein Besen sein können.

Dragnar zog einen der Vorhänge zu, verbarg seinen Bereich vor Gavíns Augen und setzte sich auf den Schemel an seinem Projekttisch. "Setz dich. Oder bleib stehen, mir egal."

"Ich würde mich eher umschauen wollen."

"Das ist eine Schmiede, Bursche. Da gibt es nicht viel zu sehen. Mach mir nur nichts kaputt.", grummelte der Zwerg, setzte die Teile aus Metall langsam zusammen, verband sie mit Drähten und Streben. Gavín hingegen begutachtete die riesige Esse, die auf die Größe eines Menschen eingestellt war und bemerkte das Laufband aus Metall, etwa auf der Höhe seines Schienbeins.

Er musste leicht schmunzeln. Dragnar hatte sich eine Hilfe gebaut, um die Feuer der Esse zu erreichen. Eigentlich gar keine schlechte Idee. Die Schmiede und das Haus sahen aus, als wären sie von Menschen erbaut worden ohne Gedanken an Elben oder Zwerge. Wie wohl eine rein zwergische Schmiede ausschauen würde? Er fragte Dragnar danach.

"Besser.", kam die gebrummte Antwort. "Und ich hätte vernünftigen Stahl. Echten Zwergenstahl."

"Wo ist der Unterschied?"

"Haltbarer. Stabiler. Gebaut für die Jahrhunderte und nicht Jahrzehnte."

"Verstehe. Damit zu arbeiten kann nur ein Zwerg lernen?"

Dragnar seufzte tief, seine braunen Augen schauten kurz Gavín an, die buschigen Augenbrauen sahen nicht danach aus, als wären sie von der Fragerei amüsiert.

"Nein. Es dauert nur. Länger als Menschen leben."

"Schade. - Was möchte das mal werden?"

"Sprengladung. Für Bergbau."

"Für Bergbau? Würden die Metallplatten die Explosion nicht eindämmen?"

"Das ist, was ich versuche, herauszufinden. Aber eigentlich schon. Der Gedanke ist, dass die Platten mehr Druck ausüben bei der Explosion. Die Drähte sind nur für den Transport."

"Hm." Gavín schaute den klobig aussehenden Fingern dabei zu, wie sie doch sehr geschickt die Platten zusammenschnürten und nach ein paar Bewegungen lag eine Kugel mit vielen verschiedenen Schichten vor ihnen, verbunden durch Drähte. Dragnar packte zu, machte eine ruckartige Bewegung mit der Hand und ganz viele Metallteile fielen mit einem dumpfen TUNK in ihren zugedachten Platz.

Gavín legte den Kopf schief auf die eine und dann auf die andere Seite. "Darf ich eine Frage stellen?"

"Kann ich dich davon abhalten?"

"Wie bekommst du jetzt die Sprengladung da rein?"

Dragnar drehte die harte Metallkugel in den Händen, pochte mit dem Hammer auf die Platten (Pling Pling Pling), ließ die Kugel fallen, tippte mit den Fingern nachdenklich-genervt auf die Tischplatte und schaute Gavín dann mürrisch an.

"Du bist ein Klugscheißer, weißt du das?"

"Ja.", grinste der Druidenschüler. "Und manchmal sogar stolz darauf."

"Er hat mein Projekt ruiniert!", blökte der Zwerg Shavenna an, die beinahe schon in der Schmiede stand.

"Glaube ich nicht, das schaffst du meistens selbst.", kam die Antwort. Die Mondelbin hatte sich - passend zur Haut - einen blauen Umhang mit silberner Fibel umgehängt und ihre flachen Lederschuhe gegen lederne Stiefel getauscht und Gavín erhaschte das Glitzern von Stahl an ihrer Seite. Ihre langen silbernen Haare waren zu einem strengen Zopf geflochten und dann zu einer Art Dutt zusammengesteckt worden, die von zwei schlanken Haarnadeln gehalten wurden.

"Hätte ich mich auch bewaffnen sollen?", fragte Gavín, als Dragnar von seinem Schemel rutschte und böse die Metallkugel anstarrte. 

"Nein." Shavenna warf ihm einen kurzen Blick aus den grün-blauen Augen zu. "Im besten Fall brauchen wir unsere Waffen nicht und im schlimmsten Fall sind wir drei zu eins in der Unterzahl."

"Unterzahl? Wartet, wohin gehen wir?"

"Zu den Silberfischen."

 

~~

 

 

Dass die Klappe hinter den Tischen in Dragnars Schmiede nicht nur in einen Keller führte, sondern auch in ein Höhlensystem unter der Stadt, welches sich an die drei Finger der Teufelsklaue anschloss, hatte Gavín nicht erwartet. Die Stufen waren aus dem Stein gehauen und das nur grob, die Beleuchtung kaum vorhanden, bis man in die tieferen Höhlen vorstieß, wo dann die Silberfische residierten.

Andere würden sagen, ihr Unwesen trieben.

Was Gavín aus Shavenna herausbekam, war nicht viel und half nicht dabei, das flaue Gefühl im Magen zu vertreiben. Die Silberfische waren die Fraktion in der Stadt. Sie unterhielten mehrere gut laufende Herbergen, in denen Leute ihr Geld verspielen konnten, wenn sie das wollten. Sie kontrollierten den Schwarzmarkt, hatten ihre Augen, Ohren und Finger im elbischen Turm und waren die Adresse für Verzweifelte.

Einige nannten sie Diebe. Halunken, Mörder.

Andere Heilige, Helden, gute Seelen.

Kam darauf an, auf welcher Seite man stand.

"Und was genau wollen sie von mir?", fragte Gavín, als sie die ersten größere Höhle erreichten, in denen die ersten Wächter warteten. Grimmig schauende Menschen, ein paar Sonnen- und Mondelben, Zwerge und sogar Lapira. Der Anblick der eigentlich nomadischen Katzenwesen überraschte den Druidenschüler doch mehr als erwartet, er hatte sie noch nie aus der Nähe gesehen, weil sie die Menschen meistens mieden. Dass sogar die ausgewachsenen Männchen kaum größer waren als er selbst, war die nächste Überraschung.

"Noch gar nichts." Shavenna breitete die Arme aus und zeigte den ersten Wachen ihre Waffe - ein silberner Degen, wie es Gavín schien - , ihr Kleid und den Rest, was sie bei sich trug. Gavín tat dasselbe mit dem Messer an seinem Unterschenkel und Dragnar hatte von irgendwoher ein reich verziertes Wurfbeil gezogen, dessen Klinge scharf im Licht der Fackeln und Lampen glänzte.

"Ihr wisst wohin.", brummte der grobschlächtige Mensch in dem ebenfalls groben Umhang und trat beiseite. Dragnar ging vor, gefolgt von Gavín und dann Shavenna. So eingeklemmt fühlte er sich auch nicht wirklich wohl, aber er konnte wenigstens die Höhlen und Gänge bewundern. Entgegen der vorherigen Stufen waren die Gänge und Höhlen sorgsam bearbeitet worden, einige hatten Verzierungen und wenn Gavín alles richtig las in den wenigen Sekunden, so beschrieben sie in der Sprache der Elben die Geschichte der Stadt und der Silberfische. Die Historie, die nie in den Geschichtsbüchern auftauchen würde.

Dragnar führte sie vorbei an beleuchteten und unbeleuchteten Lagerräumen mit Gittertüren, Arbeitsräumen, einer Schmiede und etwas, das ausschaute wie ein Planungsraum für Schiffe oder andere Gefährte.

Es ging tiefer. Erst wurde es kälter und dann stieg Gavín der unverwechselbare Geruch nach Salz und Algen in die Nase. Dann hörte er Möwen in der Ferne und sie stiegen über eine steile, teilweise salzverkrustete breite Treppe an der Innenwand einer weitere Höhle hinab. Die Höhle war halboffen, beherbergte einige Boote, hatte vier Piers und kleine Lagerregale für Kisten und andere Dinge.

"Wartet hier." Die Wache, die sie unten empfing, wies sie an und ging davon, drei weitere Wächter schauten zu ihnen hinüber. Gavín sah auch eine Frau und einen Mann mit einem Bogen in der Hand.

Wo war er hier nur hineingeraten?

Gavín hatte Mühe, der Wache mit den Augen zu folgen, denn überall liefen Personen durch die Gegend, trugen Seile, Kisten, Werkzeuge und irgendwo hämmerte jemand auf Holz. Hier waren sie definitiv in der Unterzahl.

Niemand sprach, Dragnar holte sogar seine Pfeife heraus und entzündete sie, der wohlriechende Duft waberte in weißen Schlieren davon und er ließ sogar einige Rauchringe in die Luft steigen, was einem der Silberfische ein begeistertes Nicken entlockte.

Lange zu warten brauchten sie nicht, denn die Wache kam wieder und deutete ihnen zu folgen. Er führte sie in die Mitte der Höhle, wo an einer Wand neben einer eisenbeschlagenen Tür ein langer Tisch stand, gefüllt mit Karten, zusammengerollten Pergamenten, einem Tintenfass und zwei Federn. Ein Sonnenelb saß an dem Tisch, die gebräunten Arme mit den gold-gelben Hautbemalungen frei, sein Oberkörper steckte nur in einer Leinenweste und lümmelte sich auf dem Stuhl hinter dem Tisch. Er verspeiste einen Apfel und das machte ihn für Gavín sehr unsympathisch. Nicht wegen des Apfels, sondern aufgrund der Art, wie er es tat.

"Hm, Dragnar!", schmatzte der Elb, wischte sich über den Mund. "Hatte mich schon gefragt, wann du deinen müden Hintern hierher bewegst."

"Wann immer wir bereit waren." Dragnar stellte sich vor den Tisch, was die Tischplatte etwa auf seine Brusthöhe brachte. Gavín hatte keine Zweifel, dass der Zwerg den Elb einfach mit dem ganzen Tisch verprügeln würde, wenn dieser ihn noch weiter so mit Worten traktierte. "Ich bringe dir Gavín, einen Neuzugang auf der Suche nach Arbeit."

"Ah, der neue Graue Bote." Der Elb musterte Gavín. "Druide, hm?"

"Schüler."

"Heißt?"

"Ich habe die Weihe noch nicht gemacht. Werde es aber."

"Hm, verstehe, verstehe." Der Elb - vermutlich Miral - nickte mehrfach. "Warum sollte ich ihn einstellen, Dragnar?"

"Weil ich mich für ihn verbürge und seine Fähigkeiten. Er spricht zwergisch, elbisch, kann lesen, schreiben, zuhören, den Mund halten und ihn kennt niemand in Methellona. Ein unbeschriebener Stein, wenn du so willst."

"Lieber ein unbeschriebenes Blatt."

"Kieselzählerei."

"Und was sagst du dazu, meine Blüte?" Miral wandte den Kopf zu Shavenna, deren übliche freundlich-erwachsene Art einer kalten Abwehrhaltung gewichen war.

"Ich bin zwar nicht deine Blüte, aber er hat weder meine Mädchen angefasst, noch war er unfreundlich oder anders seltsam."

"Und ihr stellt ihn mir vor als Grauer Bote? Als jemand, den niemand kennt? Wie soll ich denn dann aussehen? Als jemand, der jeden Dahergelaufenen nimmt? Wie soll ich dann den Leuten sagen, dass ich noch da bin?"

"Wie immer.", grummelte der Zwerg ungehalten. "Versuch ja nicht den Preis zu drücken. Wir gehen mit der normalen Rate und seiner normalen Bezahlung. Wir wollen ihn nicht als den perfekten Grauen Boten anpreisen. Er kann nicht einmal kämpfen."

"Warum sollte ich ihn dann einstellen?" Miral lachte, biss das Gehäuse des Apfels zu kleinen Teilen und verschlang es schmatzend. "Nein, ehrlich? Jemand, den keiner kennt, der nicht kämpfen kann im Zweifel und sich nicht verteidigt, dabei vielleicht sogar die Ware verliert..."

"Wisst Ihr, was Hagebutten, etwas Salpeter und ein paar Tropfen Wasser mit Augen anstellen können?", fragte Gavín und kam der Antwort von Dragnar zuvor, der ihn unmissverständlich anschaute: Sag nichts, du Idiot!

"Nein, was sollen sie denn tun?" Der Elb legte die Beine auf den Tisch, die Füße steckten in Sandalen aus Gras.

"Wenn man es mischt, wirft und die Augen des Feindes treffen, werden sie stundenlang nichts sehen können und ein tagelanger Juckreiz wird sie verfolgen." Er räusperte sich. "Dasselbe kann ich mit anderen Pflanzen und Mitteln tun und die Wirkung wird schwächer, stärker oder sogar tödlich sein. Ich brauche weder Messer, Schwerter noch Pfeile, um mich zu verteidigen."

"Und bei mehreren?"

"Rauchbombe. Aufprallkissen mit getrockneten Leinsamen, welche entzündet werden bei Kontakt."

"Hm. Hm. Hm." Miral nickte langsam, tippte mit dem Finger auf den Tisch und schien zu einem Entschluss gekommen zu sein.

"Ich gebe euch morgen Bescheid."

 

~~

 

"Wo habt ihr mich da hineingezogen?", fragte Gavín, immer noch etwas überrumpelt von den Ereignissen des Morgens und umklammerte seine Tasse mit Tee darin. "Was sind das für Leute?"

"Das ist der Untergrund." Nuriel lehnte an der Anrichte, die Arme verschränkt und schaute ihn belustigt an. "Diejenigen, die sehr dazu beitragen, dass diese Stadt funktioniert. Der Turm ist nur ein Teil dessen."

"Ja, aber das sind doch Diebe und Mörder?"

"Jetzt tu mal nicht so.", fauchte Shavenna und Gavín zuckte zusammen. "Du wolltest Arbeit, du bist hier unbekannt und wir tun dir einen Gefallen. Und meistens ist die Arbeit nicht gefährlich und sehr lohnend. Denn illegale Geschäfte zahlen wesentlich besser als ehrliche Arbeit, das sollte selbst ein Druide wissen."

"Druidenschüler.", warf er schwach ein und kippte den fast noch zu heißen Tee hinunter, ließ sich von Nuriel nachfüllen. "Was genau wird er von mir verlangen, dass er fragt, wie gut ich mich verteidigen kann?"

"Graue Boten sind genau das, was der Name sagt: sie sind Boten. Sie überbringen Nachrichten, treiben Geld von zahlungswilligen Bedürftigen ein, transportieren Waren ungesehen an den Wachen vorbei oder beobachten. Dennoch solltest du tun, was Miral von dir verlangt." Shavenna goss sich, Dragnar und Nuriel klaren Schnaps ein, der kalt in der Nase kribbelte.

"Und was habt ihr davon?"

"Wir bekommen einen Teil des Gewinns als Bezahlung.", brummte Dragnar. "Das ist unsere Abmachung, als ich seine Leute damals verprügelt habe."

"Bitte?" Gavín drehte sich auf dem Hocker zu dem Zwerg. "Wieso hast du seine Leute verprügelt?"

"Ich war einer von ihnen." Er seufzte, was sich wie ein Steinschlag anhörte. "Nur ich habe die Sachen anders geregelt als Miral es wünschte. Also hat er mir seine Schläger auf den Hals geschickt. Ist ihnen nicht bekommen..."

"Das Blut habe ich wochenlang nicht aus den Dielen bekommen.", beschwerte sich Nuriel. "Meine Knie sahen aus wie Rotkohl!"

"Ich habe nicht von dir verlangt, auf die Knie zu gehen und über die Dielen zu rutschen."

"Das hättest du wohl gerne."

"Jetzt hört auf ihr beiden oder nehmt euch ein Zimmer!", warf die ältere Shavenna ein, was Gavín aufhorchen ließ. Waren die beiden Elbinnen nicht ein Paar? Irgendwie hatte er durch die Reisen mit seiner Mutter immer gedacht, dass sich Elben - egal welche - und Zwerge - auch egal welche - sich nicht leiden konnten.

"Ne, danke.", brummte der Zwerg. "Eure beiden Blicke will ich die nächsten Wochen nicht ertragen."

"Ihr seid...", begann Gavín, aber der Zwerg funkelte ihn nur wütend an. "Verzeihung. - Und was ratet ihr mir?"

"Nimm an, wenn er dich will." Shavenna reichte Krüge und Gläser an die Mädchen weiter, die so langsam die eintrudelnden Mittagsgäste bedienten. "Das Problem mit den Silberfischen ist, sie werden patzig, wenn man ein gutes Angebot ausschlägt. Reingehen, ein wenig arbeiten und herausfinden, dass man es nicht mehr machen möchte, ist ein völlig anderes Thema. Aber sie können dir die Suche nach Arbeit noch mehr erschweren, wenn sie deinen Namen in die Schatten flüstern."

"Noch mehr? Es wollte mich ohnehin schon niemand einstellen ohne jedwede Erfahrung. Höchstens auf einer Farm!"

"Und was ist schlecht an Farmarbeit?"

"Nichts. Ich habe nichts gegen körperliche Arbeit, aber..." Er fasste sich ein Herz. "Ich habe ein Ziel. In etwa anderthalb Jahren brauche ich dreißig Golddeut, um an der Universität zu Erdhawyrst aufgenommen werden zu können. Meine Schwester studiert bereits dort und ich will es auch."

"Und was willst du werden? Ein schlauer Druide?", lachte Dragnar düster. "Das wäre ja was."

"Nein, nur gelehrter.", ätzte Gavín zurück. "Ich möchte ein Gelehrter der Historie werden."

"Oh." Nuriel kicherte. "Du willst in alten Ruinen graben und staubig wieder herauskommen mit etwas, was unsere Vorfahren oder der Engel mal hinterlassen haben?"

"So in der Art, ja.", schmunzelte Gavín. "Ist das etwa ein Witz?"

"Nein, aber so ein junger Bursche wie du passt irgendwie nicht zu dem Bild eines Mannes, der mit einem riesigen Schnauzer sich durch den Dreck wühlt."

"Klingt wie Balthasar."

"Wer?"

"Egal. - Also, versteht ihr mein Problem?"

"Ein selbstgemachtes Problem, aber ja. Wir haben getan, was wir konnten. Da du uns mehr Geld einbringst, können wir dir Obdach anbieten und ein Geschäft aushandeln, wenn wir deinen Vertrag mit Miral kennen."

"Wirklich?"

"Ungelogen."

"Dann würde ich das gerne annehmen."

"Aber die Mädchen sind nicht mit inbegriffen!", warf Nuriel rasch lachend dazwischen. "Die wirst du schön bezahlen." Dann schien ihr noch etwas einzufallen. "In ihrer Freizeit können sie natürlich tun, was sie wollen."

Gavín verzog etwas das Gesicht.

"Oh, bist du nicht so für weibliche Reize?"

"Doch, aber..."

"Oh... nein, oh je, du bist ja niedlich." Die jüngere Elbin schenkte ihm rasch Tee nach. "Verzeih mir. Ich ärgere dich nur."

"Na gut, ausnahmsweise." Gavín prostete ihr zu, bevor er den Hagebutten-Tee probierte und etwas Honig hinzugab. "Es gibt hier keine Bank, oder?"

~~

 

 

Sowohl der restliche Tag als auch die Nacht vergingen ereignislos, bis auf die Tatsache, dass Gavín nicht schlafen konnte. Er war nicht mehr allzu nervös, was seinen Besuch bei den Silberfischen anging, aber dennoch fand sein Kopf keine Ruhe. War es denn wirklich möglich, so viel Geld hier zu verdienen? Anders konnte die Stadt ihrem Ruf auch nicht gerecht werden.

Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und stiefelte nach unten in den Schankraum, etwas Geld in der Tasche. Niemand war anwesend, die beiden Besitzerinnen in ihrem Zimmer verschwunden und Dragnar in seiner Schmiede.

Er stellte sich vor das große Regal mit den Dutzenden Flaschen hinter der Theke - die ausschaute wie jede andere Theke auf der Welt - und ließ den Blick über die vielen verschiedenen Gefäße schweifen.

"Erntebrust und Männerfrust, Wollenschmaus und Gallenbraus, Holundergeist und Feuerschleih...", zählte er die Flaschen mit dem alten Reim durch und entschied sich für einen eher schwachen Beerenfang, ein Likör aus verschiedenen Beeren. Dadurch, dass die Rezepte alle sehr ähnlich waren, wurden die Liköre nach ihrer Farbe benannt und das war ein roter Beerenlikör, denn er wurde aus Himbeeren gemacht.

Er füllte sich ein großes Glas zur Hälfte auf - was immer noch das Doppelte war, was normalerweise ausgeschenkt wurde - und ging zu dem erloschenen Kamin. Dort legte er zwei Holzscheite auf und setzte sich in den Sessel. Etwas anderes außer trinken und warten konnte er eh nicht tun.

Als die Sonne aufging, wollte er sich nachschenken, aber da ging die Tür auf und eine kleine Gestalt trat herein. Auch ein Zwerg, aber ein weiblicher, daran zu erkennen, dass der Bart nicht so lang war, von den körperlichen Unterschieden einmal abgesehen.

"Seid Ihr der Besitzer?", fragte sie forsch und baute sich vor ihm auf, was sie recht nahe an seine Hüfte brachte.

"Nein.", widersprach Gavín. "Aber ich kann die beiden Damen gerne wecken."

"Nicht nötig, wenn sie wissen, wo ein gewisser Gavín sich versteckt."

"Steht vor Euch, werte Dame." Der Druidenschüler verbeugte sich vor ihr.

"Ah, dann brauche ich nicht lange suchen. Ich soll dich holen, Mensch."

"Ach ja?"

"Ja. Spreche ich undeutlich?"

"Nein, natürlich nicht, ich verstehe Euch klar und deutlich. Aber ich würde gerne jemanden dazu holen."

"Dann schnell, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!", forderte die noch namenlose Zwergin und Gavín eilte davon. Er wusste in etwa, wo das Schlafzimmer der Elbinnen war und klopfte.

Erst regte sich nichts, auf das zweite, etwas energischere Klopfen streckte eine verschlafene Nuriel den Kopf aus der Tür, ihre schwarzen Haare vom Schlaf zerzaust.

"Was...?", fragte sie langsam.

"Da ist eine Zwergin, die mich holen soll.", platzte es rasch aus dem Menschen heraus. Nuriel hingegen blinzelte nur, nickte und verschwand in der Dunkelheit.

Ein paar Minuten später trat eine erstaunlich wache Shavenna aus dem Schlafzimmer, ihre Haare nur gekämmt und mit Bändern gebändigt, den gleichen blauen Umhang umgeschlungen wie am Tag zuvor.

"Ich hatte nicht erwartet, dass sie so früh hier wären.", flüsterte sie ihm zu und baute sich vor der Zwergin auf, die ebenfalls Blitze aus den Augen zurückschoss.

"Wir wären soweit." Shavenna hatte wieder die kühle elbische Art angelegt wie zuvor bei Miral auch.

"Fein. Bleibt nicht zurück." Damit stapfte sie davon und ließ sowohl Gavín als auch Shavenna keine andere Möglichkeit als ihr zu folgen.

Doch entgegengesetzt zu ihrer Erwartung führte die Zwergin sie nicht durch die Schmiede von Dragnar, sondern über Umwege und schmale Gassen zu einem unscheinbaren, fast marode zu nennenden Haus. Gavín bemerkte das kleine Zeichen unter dem Türsturz und merkte es sich. Entweder war es für ein sicheres Haus, einen sicheren Eingang oder das Zeichen der Silberfische. Alle drei Varianten, die ihm einfielen, waren definitiv gut und zu gebrauchen.

Wie zu erwarten war das Innere nur notdürftig mit Möbeln bestückt. Der Eingang zu den Tunneln befand sich hinter einem großen Kleiderschrank, den sie durch eine der beiden ebenso großen Türen betraten. Der Weg war ein anderer, den sie am Tag zuvor gekommen waren, sogar die Lagerräume waren andere, aber dann traten sie wieder auf die gleiche Treppe, die an der Innenseite der Höhle entlanglief und Gavín wurde klar, dass es nur zwei Eingänge zu Land und einen zu Wasser gab. Ein guter taktischer Vorteil, malte er sich aus.

Miral stand neben seinem Schreibtisch und las etwas in einer dicht beschriebenen Pergamentrolle, die er augenblicklich zusammenrollte, als er die Zwergin, Shavenna und Gavín erblickte.

"Ah, Master Schüler.", lachte er und breitete die Arme aus. "Ich hoffe, meine Botin war nicht allzu hart damit, Euch aufzuwecken."

"Mitnichten, sie traf mich bereits wach und bekleidet an.", widersprach Gavín mit dem Wink seiner Hand und neigte den Kopf.

"Ah, ein früher Vogel, das gefällt mir sehr. Shavenna, du sagtest die übliche Bezahlung?"

"Das sagte Dragnar, aber ich stimme ihm zu."

"Hm, dachte ich mir. Master Schüler, würdest du für mich arbeiten als Grauer Bote?"

"Das würde ich gerne. Nur unter einer Bedingung."

"Oh, noch keinen Vertrag und schon Bedingungen?", lachte der Sonnenelb und streckte ihm gönnerhaft eine Hand hin. "Was wäre das?"

"Keine Gewalt. Ich tue niemandem Gewalt an oder töte."

"Du wärst ein Grauer Bote."

"Ja, das habe ich verstanden."

"Offensichtlich nicht." Miral runzelte die Stirn und schaute Shavenna an. "Habt ihr ihn nicht eingeweiht?"

"Doch", verneigte sich die Elbin steif, "aber wir sind nicht seine Geschäftspartner, sondern du. Und wir können keine Vereinbarungen treffen, die vertraglich festgehalten werden können."

"Hm, das mag zutreffen. Ich wäre auch nicht froh darüber, wenn ihr ihm etwas versprochen hättet." Der Sonnenelb hob eine Augenbraue. "Noch etwas?"

"Nein. Keine Gewalt und wir kommen ins Geschäft."

"Hm-hm." Miral winkte einen Mann in Leinenhemd und Lederhose heran, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Mann mit den kurzen Haaren nickte und verschwand durch die Tür in der Wand neben dem großen Schreibtisch. "Nun denn. Deine vertraglichen Verpflichtungen sind einfach.

Du bist allzeit bereit, einen Auftrag zu empfangen.

Du kommst, wenn wir dich rufen.

Du gehst, wenn wir dich nicht mehr brauchen.

Du sprichst mit niemandem über deine Aufträge außer mit mir und unserem Kunden. Sollte ich einen Repräsentanten für mich ernennen, werde ich ihn dir persönlich vorstellen. Sollte jemand sich als einer von uns ausgeben und Informationen von dir wollen, darfst du laufen, töten oder anderweitig verfahren, sofern unsere Informationen sicher sind.

Wir werden dir keine Ausrüstung zur Verfügung stellen. Alles, was du brauchst, kannst du entweder von uns kaufen oder besorgst du dir selbst. Wir werden dich nicht unterweisen.

Solltest du Unterstützung brauchen, werden wir schauen, wie wir dir helfen können. Sei es durch Muskeln oder Worte.

Deine Entlohnung richtet sich nach deinen Aufträgen und wie wir sie angemessen finden. Meistens nach Gefährlichkeit, Dringlichkeit... du weißt schon."

Gavín nickte und war nicht beeindruckt. So eine Beauftragung hatte er schon einmal gehabt und das war nicht gut ausgegangen. Jedenfalls nicht finanziell. Aber er würde es sich erst einmal anschauen. Aussteigen konnte er wohl immer noch.

"Habe ich soweit verstanden.", gab er sicherheitshalber als Antwort. "Darf ich anderweitig arbeiten, wenn zwischen den Aufträgen zu viel Zeit verstreicht?

"Keine Sorge, das wird nicht passieren. Aber zur Frage: ja." Miral drehte den Kopf, als der kurzhaarige Mann die Tür hinter sich schloss. Er drückte Miral eine schmale Pergamentrolle in die Hand und stellte sich dann an die Wand.

"Nun denn. Das ist dein Vertrag. Du kannst ihn dir durchlesen, wenn du willst, aber Shavenna hier weiß genug über uns und unsere Verträge, dass sie ihn dir einfach bestätigen wird."

"Ich würde ihn mir trotzdem durchlesen.", erwiderte die Mondelbin, als Miral das Schriftstück an Gavín weiterreichte, der die Schriftrolle entrollte und sich den eng geschriebenen Text durchlas.

"Monatlich kündbar heißt, selbst wenn ich am Zweiten eines Monats aussteigen will, bin ich immer noch bis zum Rest des Monats in den Diensten der Silberfische?", fragte er, als er fast am Ende angelangt war.

"Das ist korrekt. Natürlich können immer Zusatzvereinbarungen getroffen werden oder geändert, wenn ein bestimmter Grund besteht."

"Der besteht durchaus, weshalb ich gerne auf eine andere Frist wechseln würde."

"Unfug.", lächelte der Sonnenelb und Gavín spürte, dass er etwas Falsches gesagt hatte. "Das können wir erörtern, wenn es soweit ist." Er hob eine Schulter. "Mir egal. Du willst für uns arbeiten, ich zwinge dich nicht."

"Nein, alles gut. Wenn wir noch einmal darüber reden können..." Sicherheitshalber schaute er zu Shavenna, die leicht den Kopf neigte. Gavín las den Vertrag noch dreimal, konnte aber abseits der Frist nichts weiter entdecken, dem er widersprochen hätte.

Auch nicht der Gewinnbeteiligung von ein paar Prozent. Aber ein paar Prozent waren eben ein paar Prozent.

Sowohl er als auch Miral unterschrieben den Vertrag, dann wurde dieser zusammengerollt, mit Siegelwachs versehen, in eine lederne Halterung gesteckt, welche ebenfalls versiegelt und dann weggebracht wurde.

"So kannst du dir sicher sein, dass wir nicht mit deinem Vertrag irgendwelche Schindluder getrieben haben. Was wir nicht tun würden, Untergrund hin oder her."

"Kann ich sie sehen, wenn ich das möchte?"

"Nein. Erst, wenn du aussteigen willst."

"Hm, verstanden." Gavín schaute zu Shavenna und dann wieder zu Miral. "Also... ähm... braucht ihr mich jetzt sofort oder soll ich warten? Wie funktioniert das?"

"Wir sagen dir Bescheid. Nun husch, andere Angelegenheiten verlangen nach meiner Aufmerksamkeit." Der Elf machte eine scheuchende Handbewegung und Gavín, der das von Adligen gewohnt war, runzelte die Stirn. Doch bevor er etwas sagen konnte, zog ihn Shavenna am Ärmel mit. Ohne Worte zu wechseln wurden sie wieder in das verlassene Haus geführt und nach ein paar vorsichtigen Blicken nach draußen auch entlassen.

Wieder zurück im Haus der Vampire ging es sofort los mit Arbeit. Gavín half den Elben in der Küche, soweit er konnte. Er musste es nicht, aber er fühlte sich immer noch etwas wackelig geistig und wollte sich etwas beschäftigen.

Eine der Fragen, die er sich nicht getraut hatte zu stellen war einfach: wie wies er sich als Silberfisch aus? War es die Angst der Kunden den Silberfischen gegenüber, die sie keine Fragen stellen ließ? Oder würde es von Auftrug zu Auftrag anders gehandhabt?

Am Abend fiel Gavín ins Bett und lächelte schmal. Er hatte eine Einkommensquelle und er war ein Silberfisch. Ein Druide und ein Silberfisch in einem.

Gavín, Druidenschüler. Silberfisch.

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